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| 30.11.2013 23:55 Wie kommt der Glaube in die Köpfe? Der Autor Peter Boldt stellte schon in seinem Buch "Die Evolution des Glaubens und der Ethik" die These auf, dass Religionen einen evolutionären Vorteil böten. In diesem Text erweitert er diesen Gedanken um aktuelle Erkenntnisse aus der Hirnforschung." [Quelle: hpd.de] JWD Alle geschichtlichen Überlieferungen und archäologischen Befunde zeigen, dass jede menschliche Gesellschaft irgendeinem Glauben an etwas Übernatürlichem anhing, sei es an Totems und Tabus, sei es an die Geister der Ahnen, an Naturgeister, an eine Vielzahl von Göttern oder an einen Gott. Auch der weitaus überwiegende Teil der jetzigen Weltbevölkerung ist religiös. Nach einer aktuellen weltweiten Gallup-Umfrage behaupten nur 16 Prozent der Weltbevölkerung von sich, Atheisten zu sein. Ob es einem nun gefällt oder nicht: Die Fähigkeit, an Übersinnliches zu glauben, gehört zum Menschen und ist – wie kann es anders sein – ein Ergebnis der Evolution. Beispiele für die Absurdität von bestimmten Glaubensinhalten lassen sich ohne Ende finden, auch dank vieler religionskritischer Arbeiten von Menschen, die der Giordano Bruno Stiftung nahe stehen. Ich will eines herausgreifen, nämlich die leibliche Himmelfahrt Christi. Diese Vorstellung ließ sich von Anfang an nicht mit der alltäglichen Erfahrung vereinbaren und der Glaube daran führte bereits etwa 200 Jahre nach Christi Geburt zu dem Ausspruch des Kirchenvaters Tertullius „Credo quia est absurdum“ (Ich glaube, obwohl oder gerade weil es absurd ist). Das ist keineswegs altertümliche Geschichte. Der Glaube, dass auch Maria mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen wurde, ist seit dem 6. Jahrhundert bezeugt und wurde 1950 von Papst Pius XII. in der Apostolischen Konstitution Munificentissimus Deus für die römisch-katholische Kirche zum Dogma erhoben. Man kann also davon ausgehen, dass auch heutzutage einige gläubige Katholiken allem naturwissenschaftlichen Wissen zum Trotz glauben, dass Maria auch körperlich in den Himmel aufgefahren ist. Das bedeutet, dass diese Menschen offenbar in der Lage sind, ihren kritischen Verstand in diesem Punkt vollständig auszuschalten und einen bei nüchterner Betrachtung absurden Sachverhalt für wahr zu halten. [..] Weiterlesen bei ' hpd.de ' ..hier Anmerkung: Für mich besonders aufschlussreich und interessant sind die Begründungen in Bezug auf die funktionalen Vorgänge im Gehirn, z.B. bei Selbsthypnosen und bei Lernvorgängen überhaupt.
Selbsthypnose kann also meines Erachtens als ein wesentliches Element zur Erklärung des religiösen Glaubens herangezogen werden. Aber außerdem ist das Phänomen des impliziten Wissens sehr wichtig. Aber was ist implizites Wissen? Es ist Wissen, das nicht erworben wurde bzw. von dem Menschen nicht wissen, wie es erworben wurde. Zur ersten Sorte gehört das Wissen, welches genetisch vorgegeben ist. Säugetiere "wissen" zum Beispiel gleich nach der Geburt, wo sie ihre Nahrung herbekommen können usw. Und was ist nun das erworbene implizite Wissen? Das kommt folgendermaßen zu Stande: Menschen haben ein so genanntes episodisches Gedächtnis. D.h. die Vergangenheit wird nicht als Ganzes im Gehirn abgespeichert, sondern in Form von einzelnen Episoden. Man hat also nicht nur eine Vergangenheit, sondern tausende verschiedene. Dieses episodische Gedächtnis wird jedoch erst ab dem dritten bis vierten Lebensjahr ausgebildet. Bis dahin lernt man sehr viel, aber man weiß nicht, warum man etwas weiß und wie dieses Wissen zu Stande kam. Dieses so erworbene sogenannte implizite Wissen erscheint den Menschen als absolut wahr und es ist nicht relativierbar. Wenn man also jemanden über etwas in diesem Bereich fragt: Woher weißt du das? Können sie nur sagen "das ist eben so". [..] Die typische Entstehung eines bestimmten religiösen Glaubens bei einem Menschen stellt sich also für mich so dar: Etwa bis zum dritten bis vierten Lebensjahr "lernt" das Kind von den Eltern oder anderen Bezugspersonen bestimmte Wahrheiten, zum Beispiel, dass es Gott gibt, wie Gott ist, dass es die Gottesmutter Maria gibt usw. Und das sind Wahrheiten, die praktisch nicht beeinflussbar sind und welche einen bis ans Lebensende begleiten. [..] Bei jedem Lernvorgang werden im Gehirn zwischen den einzelnen Nervenzellen durch das Andocken von Synapsen neue Verbindungen geknüpft. Bis zu 10.000 Synapsen sind an einer Nervenzelle angedockt. Der elektrische Impuls, der von den Synapsen auf die Nervenzelle übergeht, wird auf chemischem Wege erzeugt. Man kann sich nun fragen, warum die elektrischen Impulse nicht direkt von einer Nervenzelle auf die andere übertragen werden. Warum geht das überhaupt über Synapsen? Die Antwort ist: Die Synapsen können sich ändern und tun das auch, wenn sie benutzt werden. Die Synapsen werden dann dicker. Wenn über eine dünne Synapse eine Information vermittelt wird, so kommt weniger davon an, einfach weil die Kontaktfläche kleiner ist. Bei großen Synapsen mit einer größeren Kontaktfläche ist die Übertragung wirkungsvoller; die Impulse werden wirkungsvoller übertragen. Üben heißt, dass die Synapsen durch Zunahme an Volumen immer effektivere Verbindungen zwischen den Nervenzellen herstellen." [..] Info: Der Buchautor Prof. Dr. Peter Boldt, geboren 1927, ist emeritierter Professor für Organische Chemie
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